Wenn man fragt: „Dürfen Zeugen Jehovas Eigentum besitzen?“, klingt das zunächst wie eine einfache Ja-oder-Nein-Frage. Doch dahinter steckt ein Thema, das tief in den Glauben, die Ethik und die Lebensweise dieser religiösen Gemeinschaft reicht. Eigentum – ob Haus, Auto oder Geld – steht oft für Sicherheit und Erfolg. Für Zeugen Jehovas ist Besitz jedoch mehr als nur materieller Wert. Sie glauben, dass Jehova Gott der wahre Eigentümer aller Dinge ist. In ihrer Sicht sind Menschen nur Verwalter von dem, was sie besitzen. Diese Haltung verändert den Blick auf Eigentum: Besitz ist erlaubt, aber nicht das Zentrum des Lebens.
Oft gibt es Missverständnisse. Manche denken, Zeugen Jehovas müssten alles abgeben oder dürften kein Eigentum haben. Das stimmt nicht. Die Religion verbietet Besitz nicht. Vielmehr lehrt sie, dass man ihn mit Verantwortung, Bescheidenheit und Dankbarkeit nutzt. Ein Zeuge Jehovas darf ein Haus kaufen, ein Auto fahren oder ein Geschäft führen. Wichtig ist nur, dass der Besitz nicht wichtiger wird als der Glaube. Ein bekanntes Zitat innerhalb der Gemeinschaft lautet:
„Ein Christ nutzt Dinge, aber er lässt sich nicht von ihnen beherrschen.“
So sehen Zeugen Jehovas Eigentum nicht als Ziel, sondern als Mittel – ein Werkzeug, um das Leben zu gestalten und anderen zu helfen.
Die offizielle Lehre der Zeugen Jehovas zum Besitz und Eigentum
Die offizielle Lehre basiert auf der Bibel. Sie betont, dass alles Eigentum letztlich Jehova gehört. In Psalm 24:1 heißt es:
„Dem Jehova gehört die Erde und alles, was darauf ist.“
Das bedeutet, dass Besitz keine Sünde ist, sondern eine Verantwortung. Mitglieder sollen materiellen Wohlstand nicht über ihren Glauben stellen. Die Organisation selbst – die Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft – lehrt, dass Reichtum kein Zeichen göttlicher Gunst ist. Wohlstand wird neutral gesehen, solange man ihn mit Demut nutzt. Die Bibel erinnert daran, dass „die Liebe zum Geld eine Wurzel aller Arten von Bösem“ ist. Zeugen Jehovas werden ermutigt, bescheiden zu leben, großzügig zu teilen und nicht nach Luxus zu streben. Dennoch gibt es keine Vorschrift, die Eigentum einschränkt. Spenden sind freiwillig, keine Pflicht.
Ein Mitglied kann:
- Eigentum kaufen oder verkaufen
- Erben oder selbst vererben
- Sparen oder investieren
Die Lehre betont also Balance: Besitz ja, aber ohne Habgier.
Praktische Praxis – Wie gehen Zeugen Jehovas tatsächlich mit Eigentum um
In der Praxis leben Zeugen Jehovas ähnlich wie andere Menschen. Sie arbeiten, bauen Häuser, führen Unternehmen und sorgen für ihre Familien. Ihr Glaube beeinflusst aber, wie sie mit ihrem Eigentum umgehen. Viele vermeiden übermäßigen Luxus. Sie bevorzugen ein einfaches, geordnetes Leben, um mehr Zeit für den Glauben und für ehrenamtliche Arbeit – wie den Predigtdienst – zu haben.
Einige Beispiele aus dem Alltag:
- Viele Zeugen Jehovas besitzen Häuser oder Wohnungen, oft in ruhigen Gegenden.
- Sie legen Wert auf Schuldenfreiheit und finanzielle Ehrlichkeit.
- Einige spenden freiwillig Geld oder Eigentum an ihre Organisation – nicht aus Zwang, sondern aus Dankbarkeit.
Auch auf gemeinschaftlicher Ebene besitzt die Organisation viel Eigentum. Zum Beispiel Immobilien, Druckereien, Kongresshallen und Königreichssäle weltweit. In Städten wie New York (Brooklyn) besaß die Gemeinschaft einst große Gebäude, die später verkauft wurden, um Projekte zu finanzieren. Das zeigt: Eigentum ist Teil ihrer Arbeit – sowohl individuell als auch organisatorisch.
Rechtliche und finanzielle Aspekte
Rechtlich gesehen dürfen Zeugen Jehovas selbstverständlich Eigentum besitzen. Sie sind als Körperschaft des öffentlichen Rechts in vielen Ländern anerkannt, darunter Deutschland.
Das bedeutet:
- Mitglieder besitzen persönliches Eigentum auf ihren Namen.
- Die Organisation besitzt religiös genutzte Gebäude, Grundstücke und Verwaltungseinrichtungen.
Es gibt keine Vermögenskontrolle über Mitglieder. Auch Erbschaften werden individuell geregelt. Manche entscheiden sich, in ihrem Testament etwas für ihre Glaubensgemeinschaft zu hinterlassen, andere nicht. Finanziell basiert die Organisation auf freiwilligen Spenden. Es gibt keine Kirchensteuer. Die Spenden dienen dem Bau von Königreichssälen, humanitärer Hilfe und Bibelübersetzungen. Ein kurzer Vergleich:
| Kategorie | Zeugen Jehovas | Andere Kirchen |
|---|---|---|
| Kirchensteuer | Nein | Ja (z. B. katholisch/evangelisch) |
| Spenden | Freiwillig | Teilweise Pflicht oder Beitrag |
| Eigentum der Organisation | Immobilien, Druckereien, Versammlungsstätten | Kirchen, Schulen, Ländereien |
| Besitz der Mitglieder | Erlaubt | Erlaubt |
Diese Struktur zeigt, dass Zeugen Jehovas Eigentum sowohl privat als auch institutionell verantwortungsbewusst verwalten.
Häufige Fragen & Missverständnisse
1. Müssen Zeugen Jehovas ihr Eigentum der Organisation überlassen?
Nein. Spenden sind freiwillig. Es gibt keinen Zwang, Eigentum zu übertragen.
2. Dürfen Zeugen Jehovas Immobilien oder Firmen besitzen?
Ja, sie dürfen Immobilien kaufen, verkaufen oder Geschäfte führen. Wichtig ist, dass sie ehrlich handeln und ihr Glauben Vorrang hat.
3. Was passiert mit dem Eigentum, wenn jemand die Gemeinschaft verlässt?
Das Eigentum bleibt selbstverständlich beim Besitzer. Es gibt keine Übergabe oder Verlust.
4. Wie steht die Gemeinschaft zu Reichtum?
Neutral – Reichtum ist kein Problem, wenn man ihn mit Verantwortung nutzt. Die Bibel warnt nur vor Habgier.
5. Gibt es Unterschiede zwischen Ländern?
Ja, teils rechtlich. In Russland z. B. wurde Eigentum der Organisation beschlagnahmt. In Deutschland dagegen ist alles gesetzlich geschützt.
Warum diese Frage für viele relevant ist
Diese Frage berührt nicht nur Glauben, sondern auch das Verhältnis zwischen Religion und Eigentum. Viele Menschen fragen sich, wie stark eine Glaubensgemeinschaft in das Privatleben eingreift. Bei den Zeugen Jehovas zeigt sich ein interessantes Gleichgewicht:
- Der Glaube beeinflusst das Denken über Eigentum,
- aber er schreibt nicht vor, was jemand besitzen darf.
Das Thema ist auch für Angehörige oder Außenstehende wichtig. Es hilft zu verstehen, dass Zeugen Jehovas keine Armutsgelübde ablegen, sondern einen bewussten, ausgeglichenen Lebensstil pflegen. So entsteht ein Bild einer Gemeinschaft, die materiellen Besitz akzeptiert, aber ihn nicht als Lebensziel ansieht.
Fazit
Zusammengefasst: Ja, Zeugen Jehovas dürfen Eigentum besitzen. Weder die Bibel noch ihre Organisation verbieten persönlichen Besitz. Der entscheidende Punkt liegt in der inneren Einstellung: Eigentum soll dienen, nicht beherrschen. Es geht um Ausgewogenheit, Verantwortungsbewusstsein und Demut.
Eigentum bei Zeugen Jehovas bedeutet:
- Freiheit, aber auch Verantwortung
- Besitz, aber ohne Stolz
- Wohlstand, aber mit Bescheidenheit
Das ist eine gesunde Haltung, die materielles Leben mit spirituellem Glauben verbindet.
Mher Lessn: Julia E. Lenska

